Der Junge hinter der Tür

Die wahre Geschichte ist böse und vielfältig
und am Ende unwahr. Warum willst du sie wissen?
Frag nie nach der wahren Geschichte.
Margaret Atwood

Prolog

Da, weit oben, in der Dunkelheit, bewegte sich etwas und hielt ihre Beine fest. Gib die Füßchen her! Umfasste die Knöchel, zog sie mit einem Ruck zum Bettende, sprang dann herunter und hockte sich auf ihre Knie. Sie begann zu schreien, doch ihr Mund öffnete sich nicht, sodass sie den Schrei nur im eigenen Kopf hören konnte, Schreien, wirres Gelächter, Schluchzen und kaltes Kreischen, als glitt sie mit kratzende Fingernägeln über ihre Schiefertafel. Sie konnte nicht mehr atmen. Ihr Atem, die Luft war fort. Eine Hexe, dachte sie, Hexe, Hexe, eine Hexe reitet auf mir, sitzt auf meinen Beinen und reitet auf mir. Auf und ab, Hexe, auf und ab, Hexe, Hexe, auf und ab, eine Hexe, auf und …

Später in der Nacht erwachte sie. Links von ihr blitzte es mit einem flachen Knall, ein flackernder Schein zerriss die Dunkelheit, ließ die Frisierkommode, die Musiker und die tanzenden Frauen auf der Tapete in den Raum treten und wieder verschwinden, als tauchten der Saxophonspieler und die Noten über seinem Kopf in tiefes, schwarzes Wasser.

    Sie lag auf dem Rücken, wartete, versuchte ganz tonlos zu atmen, wusste nicht, worauf sie wartete und wagte endlich langsam den Kopf nach links zu drehen, dorthin, wo sie das Fenster vermutete. Wieder blitzte es, und der Knall hallte im Zimmer nach, als springe er entlang der Wände hin und her. Jetzt wusste sie wieder, wo sie sich befand, erkannte den Rahmen des Fensters, als der Schein des Blitzes erlosch, und sah auch den Vater, sein Profil auf dem hohen Kopfkissen. Er rauchte, das rote Glimmen der Glut wanderte vor dem helleren Rechteck des Fenster hin und her, auf und ab, von der Brust, auf der er die Hand mit der Zigarette ablegte, zum Mund, glühte auf, wurde wieder schwächer, auf und ab, verschwand kurz, und sie wusste, dass er in der Dunkelheit die Zigarettenasche am Rand des Aschenbechers abstreifte, der neben seiner linken Schulter auf dem Nachttisch stand. Der Anblick beruhigte sie.

    Kurz bevor sie wieder einschlief, blitzte es erneut, das scharfe flackernde Licht, das das Zimmer für Sekunden aus der Dunkelheit riss und vor den Augen wandernde Schattenbilder hinterließ, machte ihr Angst.

»Was ist das?«
Er hustete. »Das ist ein Trockengewitter. Schlaf weiter.«
»Da war eine Hexe«, sagte sie.
»Was?«
»Eine Hexe, auf meinen Beinen.«
»Es gibt keine Hexen«, sagte er, »du hast geträumt. Schlaf einfach weiter. Das Gewitter verschwindet schon. Hörst du, es regnet gar nicht.«

    1

Das Haus lag am Hang, unterhalb einer dünn bewaldeten Kuppe, die noch schneebedeckt war, als habe man dem Haus eine weiße Mütze aufgesetzt; es windete, und die Luft war voll von den Sickergeräuschen des tauenden Schnees. Voll vom kichernden Palaver der Dämonen, dachte Marga.

    Alle Fenster auf der Vorderfront des Hauses standen offen. Die Wände weiß. Der erste Stock wurde von braunen Fachwerkbalken gegliedert. In der Zufahrt parkte der Einsatzwagen der örtlichen Polizei neben einem grauen Kombi mit Koblenzer Kennzeichen im Matsch. Kowalski setzte ihren Wagen direkt davor, als wolle er notfalls die Abfahrt der anderen verhindern.

    Sie waren gehört worden, neben einem mannshohen Stapel mit Kaminholz öffnete sich eine Tür, aus der ein Polizist schaute. Wie eine Presswurst in Uniform, fand Marga Wolkenstein. Halb hinter ihm verborgen eine etwas verhärmte Frau, die sich mit dem Taschentuch die Augen trocknete.

    »Willst du da wirklich mit rein, Wölkchen?«

    Sie schaute Kowalski fragend von der Seite an.

    »Na, ich meine, dass du sofort wieder zum Dienst kommst und dann …«

    »Nur die Arbeit kann mich retten.« Sie lachte. »Hoffe ich zumindest.«

    »Es soll etwas ekelhaft aussehen und riechen auch.«

    »Danke für deine Fürsorge, Kowalski. Aber du weißt doch, die Toten sind nicht das Problem, fürchten muss man sich vor den Lebenden.«

    »Ich dachte nur so. Dein erster Tag und … ach, du weißt schon.«

    Marga Wolkenstein schenkte ihm ein Lächeln. »Das da wird die Putzfrau sein, die die Leiche gefunden hat«, sagte sie. »Komm, lass mal schauen, bevor die Spurensicherung kommt und uns den Platz wegnimmt.«

Dass der Tote anders als gewaltsam ums Leben gekommen war, konnte man beim besten Willen nicht annehmen. Er war nackt und das, was von ihm übrig war, steckte in einer Kommode aus Eichenholz, die an eine Anrichte erinnerte. Die Hände unter dem Kinn mit weißen Kabelbindern gefesselt, die Knie vor der Brust, das Gesäß erreichte den Holzboden des Schrankes nicht ganz. Falls er noch gelebt hatte, als er in diese Stellung gebracht worden war, musste diese hockende Position qualvoll gewesen sein; nur, dass er mit dem Rücken gegen die linke Seitenwand drückte, hatte verhindert, dass er ganz nach unten gerutscht war. Die Spurensicherung würde den Schrank zerlegen müssen, um das Opfer zu befreien. 

    »Eindeutig ein Mann«, sagte Kowalski. 

    »Woran erkennst du das?«

    »Am Bart. Und an den Resten der Geschlechtsteile, die die Maden übergelassen haben.« Kowalski drehte sich um und rief den Beamten, der im Flur wartete. »Wer hat denn hier die Fenster aufgerissen?«

    »Die Heizung war voll aufgedreht … und bei dem Gestank.«

    »Herrgott nochmal! Sind Sie Polizist oder Frischluft-Fanatiker? Sie sind hier, um einen Tatort zu sichern. Nicht um sich Kühlung zu verschaffen.«

    Kommissarin Marga Wolkenstein unterbrach ihn. »Schau mal her. Sieht aus, als sei der Schrank bewegt worden.« Sie zeigt auf eckige Druckspuren in den Dielenbrettern. »Das soll die Spurensicherung mit den Füßen des Schrankes vergleichen.«

    »Du schließt daraus … was?«

    »Ich meine, dass das Opfer bewusstlos gewesen sein muss, als man es in den Schrank verbracht hat. Ein Kind könnte da allein hineinkriechen, ein Erwachsener niemals. Man musste ihn gefügig machen und quasi zusammenfalten. Dafür wurde die Kommode von der Wand gerückt, mit der offenen Tür nach oben auf den Boden gelegt, um ihn hineinzustopfen, dann wieder aufgerichtet und zurück an die Wand gewuchtet.«

    »Und warum sollte er da nicht schon tot gewesen sein?« Kowalski hustete, er war ihr nicht besonders weit in den Raum gefolgt.

    »Weil er sich eingekotet hat. Er hat zumindest noch lange genug Zeit gehabt, um unter sich zu machen. Die Fliegen haben zwar schon viel davon beseitigt, aber er war sicher noch lange genug bei Bewusstsein, um zu realisieren, dass er in seinen eigenen Exkrementen hockte.« 

    Sie sah, dass Kowalski nicht weiter in den Raum kommen mochte, es roch tatsächlich trotz der offenen Fenster immer noch zu übel. »Sprich du mal mit der Putzfrau«, sagte sie. »Und versuch zu erfahren, was es mit dem Haus auf sich hat, wer der Besitzer ist, warum das Opfer so lange unentdeckt bleiben konnte. Warum sie heute hergekommen ist und ihn gefunden hat. Na, du weißt schon.« 

    Ed Kowalski ging ohne Widerspruch. Zwar war er formal ihr Vorgesetzter Hauptkommissar, aber er wusste, dass sie das gern vergaß; er nahm es ihr nicht übel. Sie dachte einfach nicht in solchen Kategorien, und ihre Intuition funktionierte sowieso besser, wenn man sie in Ruhe ließ, das hatte er oft genug erlebt.

    »Ach ja«, ergänzte sie, »und frag sie, warum sie die Schranktür geöffnet hat.«

    Die Leiche war längst in Fäulnis übergegangen. Obwohl die Oberschenkel Brust und den Bauch verdeckten, sah sie deutlich die grünschwärzliche Verfärbung des Unterbauches, die sich bereits weit zu den Seiten hin ausgedehnt hatte. Auf dem rechten Arm, erkannte sie auch die unter der Haut sichtbar gewordenen Venennetze, die durch die Wanderung der Fäulnisbakterien entlang der Blutwege entstanden waren. Der Blutfarbstoff, dachte sie, grün und schwarz verfärbt, tritt unter dem Druck der Fäulnisgase aus den Venen aus und bringt dadurch unter der Haut die Blutgefäße zur Darstellung. Die Haut begann teilweise bereits eine düsterrote Färbung anzunehmen. Die Leiche musste schon Monate in diesem Schrank stecken.

    Der Raum hatte etwas Muffiges, es lag noch ein zweiter Geruch in der Luft, der nicht von der Leiche stammte. Wie ganze Jahrzehnte nasses Hundefell, dachte sie. Das passte zu dem großen Kamin, der jetzt jedoch nur mit kalter Asche gefüllt war und wohl auch eher der Optik diente, denn es gab drei Heizkörper im Raum. Über dem Kamin hing die Wand voll mit Geweihen, die auf kleinen Holzplatten befestigt waren. Das meiste waren wohl junge Rehböcke gewesen, es sah irgendwie mickrig aus. Schoss man solche Tiere, der Geweihe wegen? Mitten dazwischen, unter Glas, eine gerahmte Urkunde mit der Überschrift »Jägerbrief« in Fraktur.

›Herr Walter Jobst aus Norderstedt, las sie, geboren am 16. Januar 1961 in Ellerbeck, hat die gemäß § 15 Abs. 5 des Bundesjagdgesetzes erforderliche Jägerprüfung am 26. April 1978 in Hamburg im Gebiet des Landesjagdverbandes Hamburg-Nord bestanden. Auf Grund des Prüfungsergebnisses hat er das Recht seinen ersten Jahresjagdschein zu beantragen. Möge er ein reiches Jägerleben lang seine Büchse und Flinte als waidgerechter Jäger und Schützer unseres Wildes führen. Der Prüfungsausschuss – gez. unleserlich.‹ 

Der Text war rundum mit einer grasbewachsenen Szenerie illustriert, in der heitere Rebhühner herumliefen, hübsche Hasen mit angelegten Ohren den neugierigen Kopf aus dem Gebüsch schoben, ein Auerhahn auf einem Ast hockte und Enten, wie an einer Perlenkette aufgereiht, den Himmel querten.

    Da war der stolze Besitzer dieses Jägerbriefes gerade mal siebzehn Jahre alt gewesen. Marga Wolkenstein blickte zur Kommode hinüber. Wer hat deinem reichen Jägerleben da ein Ende gesetzt, Walter?, dachte sie. Waidgerecht war das sicher nicht. Sie fühlte sich seltsamerweise ganz sicher, dass sie in dem Toten den ehemaligen Besitzer dieser Urkunde vor sich hatte.

Als der Gerichtsmediziner und das Team von der Spurensicherung eintraf, wurde schnell klar, dass der Tote nicht vor Ort aus der Kommode befreit werden konnte. Er wurde nach der Sicherung möglicher Spuren auf dem Holz und der Marmorplatte, die als Abdeckung diente, mitsamt seines engen Gefängnisses in die Gerichtsmedizin verbracht.

Auf dem Rückweg sagte Kowalski. »Das war übrigens mal ein Forsthaus, das seit Jahren nur noch hin und wieder als Wochenendhaus genutzt wurde und oft leer stand. Der Tote im Schrank ist nach Aussage der Putzfrau, die hier seit über achtzehn Jahren alles besorgt hat, der Besitzer.«

    »Und heißt Walter Jobst?«, fragte Marga Wolkenstein.

    »Wölkchen!« rief Kowalski, »Du bist ja sowas von schnell. Woher hast du das?«

    Marga antwortete nicht.

    »Aber er sollte eigentlich gar nicht hier sein, also, Frau Beck, die Putzfrau, hat Jobst keinesfalls erwartet, denn das Haus ist im vergangenen Herbst zuletzt benutzt und danach winterfest gemacht worden. Sie sagt, er wollte es verkaufen, hatte letztes Jahr auch schon mehrere Interessenten hier, denen es aber allen zu einsam lag.«

    »Tja, einsam muss man mögen. Oder brauchen.«

    »Normalerweise meldete Jobst sich bei ihr an, wenn er im Frühjahr wieder ins Haus kommen wollte.«

    »Das konnte er ja nun nicht mehr.«

    Ed Kowalski schwieg.

    »Und warum war sie im Haus?«

    »Sie sei nur gekommen, um nach möglichen Winterschäden zu schauen. Dabei fand sie die Heizung voll aufgedreht und alles stank, als habe eine besoffene Kompanie Jäger Kohl und Pinkel gekotzt.«

    Marga sah ihn erstaunt von der Seite an.

    »Entschuldigung«, meinte Kowalski, »das waren haargenau Frau Becks Worte.«

   2

Saliha Ekrem starrte in ihren geöffneten Briefkasten. Ein Kuvert mit der Werbung eines Möbelhauses schaute sie an. Und dahinter, in Plastikfolie eingeschweißt, der DINA 4 Umschlag, den sie vor zwei Tagen selbst beschriftet hatte, um das Manuskript an den Verlag nach Frankfurt zu schicken. Sie erkannte ihre eigene Schrift. Jetzt war der Umschlag in der Hülle zerrissen und augenscheinlich leer. Ein Aufkleber trug einen blauen Stempel mit dem Vermerk: SENDUNG AUF DEM POSTWEGE VERLOREN/BESCHÄDIGT – ZURÜCK AN ABSENDER.

    Hinter sich glaubte sie Geräusche aus dem Keller zu hören, nahm die Post schnell aus dem Kasten, schloss hastig ab und lief die Treppen in den zweiten Stock hinauf. Das Knacken der hölzernen Treppenstufen klang unter ihren Schritten, als folge ihr jemand. Erst als sie die Wohnungstür hinter sich geschlossen hatte, bemerkte sie, wie ihr Atem flog.

    Saliha ließ ihre Umhängetasche zu Boden fallen, lief ins Bad und warf sich händeweise kaltes Wasser ins Gesicht. Ohne sich abzutrocknen, ging sie in die Küche, setzte sich und merkte erst dort, dass sie ihr Handy noch in der Umhängetasche hatte. Also zurück und Ahmet anrufen. Aber ihr kleiner Bruder meldete sich nicht. Konnte sie im Restaurant anrufen? Vielleicht war er dort. Um diese Zeit war viel Betrieb, und sie wollte Furkan nicht verärgern. Er hatte sie immer wieder gewarnt. Hatte sie so sehr gebeten, es sein zu lassen. Wir leben in Deutschland, hatte er gesagt, das ist schwer genug. Wen interessiert es, was mit deinen Großeltern geschehen ist. Lass uns das vergessen. Erdogan führt Krieg im Osten, begreif das doch. Und nach dem Putschversuch gibt es für ihn nur noch Feinde. Ich spüre das jeden Tag im Restaurant. Es gibt langjährige Kunden, die grüßen mich nicht mal mehr, weil ich nach dem Putsch keine Fahne rausgehängt habe.

    Wenn er jetzt erfährt, dass ich Ahmet mit hineingezogen habe und das Manuskript fort ist, dachte Saliha, was wird er dann tun? Für einen Moment wich alle Kraft aus ihrem Körper. Ich falle, dachte sie, ich falle schon.

    Tatsächlich lag sie auf dem Küchenboden, als sie zehn Minuten später erwachte. Sie brauchte nochmals fünf Minuten, bis sie es wagte, sich aufzusetzen. Dann zog sie sich langsam am Tisch hoch, spürte wie wackelig ihre Beine waren und schlich ins Schlafzimmer, wobei sie sich an den Wänden abstützte. Sie ließ sich aufs Bett fallen und spürte, als sie sich auf dem Rücken ausstreckte, einen stechenden Schmerz durch den Bauchraum ziehen. Sie war im vierten Monat schwanger, erst im vierten Monat, aber sie hatte schon einmal ein Kind während der Schwangerschaft verloren, wenn das nochmal passierte, dann … sie vermied es, dem Gedanken weiter zu folgen, es konnte sowieso nur eine Katastrophe bedeuten.

Am späteren Nachmittag rief sie im Verlag an, aber sie bekam niemanden an den Apparat, der ihr etwas Konkretes sagen konnte. Die Assistentin meinte, sie sei eigentlich sicher, dass das Manuskript nicht gekommen sei, aber genau wisse sie es auch nicht. Und als sie ihr zu erklären versuchte, was geschehen war, da stieß sie auf völliges Unverständnis, und es stellte sich heraus, dass man sie mit einer anderen Autorin verwechselte. Ahmet erreichte sie weiterhin nicht, und er rief auch nicht zurück, obwohl sie ihm zweimal auf die Box sprach.

Wenn der Geheimdienst dahintersteckt, dachte sie, dann hätte es gereicht, das Buch abzufangen und verschwinden zu lassen, um es eines Tages als Beweis gegen sie zu benutzen. Aber es sah so aus, als habe man sie warnen wollen. Man hatte das Manuskript behalten und den zerrissenen Umschlag in den Postkasten gesteckt. Das konnte nur bedeuten, dass man ihr sagen wollte, schau her, wir wissen wer du bist und was du getan hast. In der türkischen Gemeinde hielt sich schon seit Jahren der Verdacht, dass die deutsche Post dem türkischen Geheimdienst gestattete, die Post der Deutsch-Türken zu kontrollieren. Ich hätte das Buch eigenhändig nach Frankfurt zum Verlag bringen müssen, dachte sie. Ich hätte es niemals Ahmet geben dürfen, um es auf die Post zu geben. Er ist doch fast noch ein Kind.

Normalerweise schlief sie am Nachmittag ein paar Stunden, wenn sie von ihrem Pflegedienst im Ahrimanus-Stift nach Hause kam. Heute entschloss sie sich ins Restaurant zu gehen. Zumindest würde sie dann erfahren, ob Ahmet dort zu finden war, denn er verdiente sich gern ein wenig Trinkgeld, wenn Furkan ihn bei der Bedienung helfen ließ. Vielleicht ist er dort, dachte sie. Vielleicht ist alles nur ein Zufall. Die Post ist beschädigt worden und irgendwie verschwunden. Ich werde im Verlag fragen, ob sie eine Kopie ihrer Korrekturen haben, dann kann ich meinen Text einfach nochmals ausdrucken, die Korrekturen erneut übernehmen und anschließend selbst hinbringen. Das war doch möglich, oder? Aber sie glaubte sich kein einziges Wort.

    3

Irgendwo hinter ihr im Flur begann der abendliche Putzzirkus sein klapperndes Werk. Sie hätte längst gehen sollen.

    Marga stand vor der Fensterfront, Polizeipräsidium Westhessen, zweiter Stock, vor sich den Hubschrauberlandeplatz, links die dunklen Silhouetten der Bäume, die den Parkplatz säumten, dahinter das Hin- und Her der Scheinwerfer auf dem Konrad-Adenauer-Ring. Aber zu Hause, was sollte sie da?

(wird fortgesetzt …)