Türöffner für Nietzsches Philosophie?
von Peter H. Gogolin
In der angeblichen Exklusivität der Philosophie, die so viele mutmaßen lasse, es ginge auch ohne philosophisches Denken, schrieb Peter Sloterdijk, spiegele sich »die Selbstausschließung der meisten vom Besten«. Wie also, wenn schon nicht die meisten, so doch zumindest mehr Leser »zum Besten« bringen?
Im Falle Nietzsches, der vorschlug, man solle das Leben tanzen und oft genug das Denken zum Tanzen gebracht hat, wäre das neue Sonderheft des Berliner ›Philosophie Magazins‹ ein Zugang, der zwar nicht die Lektüre des Werkes ersetzt, aber dem interessierten Leser sicher als Türöffner dienen kann.
»Also sprach Nietzsche« nun als siebtes Sonderheft, nach Ausgaben z.B. über die griechischen Mythen, die Philosophie im Nationalsozialismus, die Bibel und die Philosophen oder zuletzt »Hanna Arendt«.
Die von Catherine Newmark verantwortete Ausgabe ist lesefreundlich und kurzweilig konzipiert und gestattet trotzdem einen orientierenden Überblick über alle Themen, die einem zu Nietzsche einfallen könnten. Die im Heft versammelten Denker (Rüdiger Safranski / Andreas Urs Sommer / Renate Reschke / Kerstin Decker / Annemarie Pieper / Martin Saar / Bernhard H.F. Taureck / Volker Gerhardt u.a.) nehmen in ausführlichen Gesprächen Stellung auch zu sperrigen Fragen wie ›Nietzsche und der Faschismus‹. Das ist erfreulich.
Wenn andererseits Nietzsche im Original etwas dünn ausfällt, so ist das bei einem Heft von knapp 150 Seiten zwar nachvollziehbar, doch zugleich bedauerlich. Die übers ganze Heft verstreuten Textboxen mit kaum mehr als jeweils einem halben Dutzend Zeilen Nietzsche-Zitat reduzieren den Philosophen auf griffiges Feuilleton-Niveau. Das vermittelt dem Leser zwar im besten Falle so etwas wie einen Nietzsche-Sound, ernstgenommen wird er durch diese Textsplitter aber nicht.
Mein Fazit: Man konzentriere seine Lektüre auf die umfangreichen Gespräche. Nietzsche selbst hole man sich dann aber bei Nietzsche ab. Ein abschließendes Literaturregister im Heft erschließt dankenswerterweise sowohl die Quellentexte, als auch einiges an weiterführender aktueller Literatur.