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Hinter der Frisierkommode

Der heutige Korrekturtag ist zwar noch nicht beendet, aber da ich jetzt für zwei Stunden Sport unterbreche, so sei auch eine kurze Arbeitsnotiz erlaubt.

Ich bin recht gut voran gekommen, habe dabei aber stets die Befürchtung, dass ich zu schnell durch den Text gehe, sodass ich mich zwinge, noch langsamer zu lesen und jeden Satz dreimal anzuschauen. Besonders dann, wenn ich mich dabei erwische, dass ich eine Szene mit Vergnügen gelesen habe bzw. mich vom eigenen Text fesseln lasse, halte ich inne, weil ich den Verdacht habe, nicht mehr hinreichend aufmerksam  zu sein. Korrekturdurchgänge brauchen Distanz. Und ein vom Text gefesselter Leser hat sie naturgemäß nicht.

Wenn ich das Korrigieren eines Textes mit etwas vergleichen wollte, so fiele mir nur die Szene aus meiner Kindheit ein, in der ich mich mit der Taschenuhr meines Vaters im Schlafzimmer hinter der Frisierkomode versteckte, um die Uhr zu öffnen und Rädchen für Rädchen auseinander zu nehmen. Leider hat mich damals meine Mutter entdeckt und mir die Uhr weggenommen, sodass ich nicht weiß, ob ich es geschafft hätte, sie auch wieder zusammenzusetzen. Etwa vier Jahre werde ich damals alt gewesen sein. Und im Grunde habe ich meinen Platz hinter der Frisierkommode niemals verlassen. Alles, was ich schreibe, kommt aus der Zimmerecke hinter dieser Frisierkommode.

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Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker