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Die vermeintliche Dauer der Dinge

Wiesbaden, Dienstag, 23. April 2013, bei Rossinis "Il Barbiere di Siviglia", 
Orchestra & Coro Del Teatro Regio Di Torino (1987)

Dass allein  ‚die Dinge bleiben‘, wie J. vor über 20 Jahren einmal zu mir sagte, ist der Irrtum aller jungen Leute. Und damit meine ich nun gerade nicht, dass außer den Dingen, den Pyramiden etwa, um nur etwas mit der größten Widerstandskraft zu nennen, noch anderes bliebe – etwa das literarische Werk irgendeines Autors.

Irgendwann um die Dreißig begreift man seine Jugend als vergänglich, was sie ja auch in höchst vulnerablem Maße ist, und beneidet deshalb die Dinge, die eine größere Dauer zu haben scheinen. Dabei ist dieser Unterschied so geringfügig, dass man im Laufe eines Lebens erleben kann, wie sich die ganze Welt gleich mehrfach um- und umstülpt.

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Das einzige, was wirklich von Dauer ist, ist nur dieser permanent stattfindende Wandel. Wenn wir ihn begreifen würden, dann könnte er uns lehren, dass die Welt mit allem, was darin ist, kein Ensemble von Dingen ist, zwischen denen wir dahingehen, keine Gruppierung von Gegenständen, angesichts derer unser Leben stattfindet, keine Versammlung sich im Raum befindlicher Substanzen, die irgendeine Art von Dauer beanspruchen können.

Die Welt ist vielmehr ein ständig sich verändernder, sich entwickelnder – jedoch telosfreier – Prozess, der mit allem irgendwann auch uns hervorgebracht hat, die wir ihn dann bemerkt haben und davor so viel Angst bekamen, dass wir uns flugs einen Verursacher und – wie simpel – ein Happy End hinzuerfinden mussten.

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Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker