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Der Brasilienroman – ein Anschlussversuch

Wiesbaden am 05. Oktober 2012, bei Vivaldis Oper "Montezuma"

Wäre man eine Maschine, so hätte man vielleicht all die Schwierigkeiten nicht, mit denen man sich als unzulänglicher Mensch und Autor herumschlägt. Aber wer weiß, da vergisst dann mal der Maschinist das erforderliche Tröpfchen Öl und die Maschine steht trotzdem still. Also finde ich mich ab mit meiner Arbeitsstockung am Brasilienroman, die zustande kam, weil ich Reisetermine hatte, zu Premieren, Fototermin, Verlagsgesprächen, Lesung und Buchvorstellung fuhr. Und dann, ja und dann danach, als ich hoffte, endlich wieder in die Arbeit zu finden, bevor die Buchmesse losgeht, da war dann die Bronchitis da, mit quälendem Husten in der Nacht und vor allem am Morgen, den leichten Fieberschüben, den Schweißausbrüchen und der aus alldem erwachsenden Arbeitsunlust und dem ständigen Schlafbedürfnis.

Okay, ich will nicht weiter maulen und schon gar nicht überlegen, an wem ich mich da zuvor angesteckt haben mag – es wird wohl im Zug gewesen sein – , doch hat es mich extrem behindert und behindert mich noch immer. Von den Querelen, die während dieser Zeit unter Kollegen ausbrachen und leider auch den Verlag betrafen und betreffen, war auch kein Lebensmut zu beziehen. Aber stille schweige mein Herz.

Ich habe dann, um mich zumindest etwas aus diesem Tief herauszukämpfen, zu Wochenbeginn das bisherige Manuskript meines Brasilienromans erstmals vollstänig ausgedruckt und hingelegt, um mich auf dem Wege einer vollständigen Durchsicht und Korrektur an den Stoff wieder anzunähern. Es sind knapp unter 200 Seiten, die ich seit dem Sommeranfang eigentlich recht schnell geschrieben habe. Handelte es sich bei dem Brasilien-Roman um ein Buch, das vergleichbar wäre mit dem Roman “Das Herz des Hais”, der in diesen Tagen erschienen ist, so wäre die Arbeit an dem Buch schon fast beendet.

 

Aber so ist es natürlich nicht, denn der Brasilienroman entwickelt sich zu einem Stoff, der vermutlich am Ende einiges über einer Millionen Zeichen haben wird, das heißt, dass ich gegenwärtig noch nichtmal ganz beim ersten Drittel angekommen bin. Und, anders gerechnet, muss man zugestehen, dass das Buch auch durchaus noch scheitern kann. Früher hätte ich gesagt, dass ein Manuskript, das sich schon der Seite 200 nähert, eigentlich nicht mehr scheitern kann. Gescheitert sind mir zwar sehr viele Stoffe, doch geschah dies immer etwa um die Seite 50 oder um die Seite 100 herum. Weiter danach eigentlich niemals. Aber bei einem so umfangreichen Roman, der am Ende bei einem angenehmen – will sagen lesefreundlichen Satz – zwischen 600 und 700 Seiten angekommen sein dürfte, da ist die Möglichkeit des Scheiterns immer noch gegeben.

Inzwischen bin ich bei der Durchsicht des Manuskriptes nun bei der Seite 92 angekommen. Und obwohl ich sicherlich hunderte von Korrekturen angebracht habe und sogar die Stelle gefunden habe, an der ein ganzes Kapitel über “Estelle” fehlt, über die Straßediebin, die Cramer das iPhone stiehlt, bin ich mit dem Text bisher ziemlich zufrieden. Wenn das so bleibt, so werde ich im Anschluss an diese Durchmusterung des Textes erstens das fehlende Estelle-Kapitel schreiben und dann insgesamt im Buch weiter fortfahren können.

Das wäre natürlich gut. Ursprünglich hatte ich mal angenommen, dass ich zum Jahresende mit einer ersten Niederschrift fertig sein könnte, denn es ging anfangs tatsächlich sehr schnell. Aber das glaube ich mittlerweile nicht mehr, was aber auch kein Beinbruch wäre. Insgesamt ist da noch viel zu tun, nicht zu vergessen, meine portugiesisch/brasilianischen Sprachstudien.

Ich will also geduldig sein und jetzt vor allem erstmal die Buchmesse abwarten.

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Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker