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Mit dem hinkenden König und dem kenitischen Schmiede-Gott

Sonntag, 3. November 2019, mit Keith Jarrett und dem Live Konzert im Teatro La Fenice, Venedig 2006

Ein Sonntag der Besinnung, nach Samhain und den Toten. Die Liebste auf der Fahrt ins mecklenburger Bücherhotel, um einen Workshop zu halten. Ich schaue den wohl zwei Dutzend Meisen zu, die zwischen den Holzstößen beim Gartenhaus und dem Nussbaum hin und her fliegen, sicher auf der Suche nach letzten Insekten, aber auch, da wir schon seit Oktober füttern. Ein Rotschwänzchen-Paar traut sich auch hinzu, hockt sich aber auf den alten Hexenbesen unter der Dachtraufe und wartet, bis die Meisen weiterziehen.

Eigentlich ein Tag, um so richtig gar nichts zu tun, außer der Musik zuzuhören und zu schauen. Aber ich werde sicher später noch meine Übungen für den gelähmten Arm durchführen und auch dem hinkenden König etwas auf die Beine helfen. Danach dann weiterschreiben, so lange meine vier Finger der linken Hand – die einzigen, die noch brauchbar sind -, mitmachen.

Nun könnte man natürlich sagen, mach mal Pause, du bist eh schlecht dran, außerdem ist Sonntag usw., warum musst du da unbedingt schreiben. Gegen diese Haltung der Normalmenschen habe ich mein ganzes Leben hindurch zu kämpfen gehabt. Erst am Freitag wieder, als mir meine Ergotherapeutin erzählte, dass sie im Jahr 44 tarifliche Urlaubstage habe und davon bis Jahresende noch 10 möglichst effektiv (mit Brückentagen usw.) unterzubringen versuche. Ich fragte sie, ob sie sich vorstellen könne, dass ich als Freierufler niemals auch nur einen einzigen Urlaubstag gehabt hätte. Sie hat mich angeschaut, als ob ich gesagt hätte, ich sei Menschenfresser und wolle ihre Kinder verspeisen. Meine erste Frau fiel mir ein: Wenn du im nächsten Urlaub wieder schreiben willst, dann kannst du dir nach der Rückkehr gleich eine eigene Wohnung suchen!

Na gut, das hab ich dann ja auch getan. Und eine andere Frau auch. Mein momentanes Problem mit dem Schreiben ist, dass mir die Therapien, die ich im Verlauf der Woche zu absolvieren habe, meine selbständigen und dann besonders die, für die ich vom Roten Kreuz in die Stadt gefahren werden muss, zuviel Kraft rauben. Zeit natürlich auch, aber vor allem Kraft, sodass ich meist zu erschöpft bin, um noch etwas schreiben zu können. Ich kann dann froh sein, wenn mir noch Lektüre gelingt.

Ja, so schaut es aus. Und jetzt habe ich Ihnen vom Schmiede-Gott, auf den ich gekommen bin, weil mir zu Halloween mein toter Vater erschien, noch gar nichts erzählt. Vielleicht demnächst. Er, mein Vater, war der Schmied, aber davon später mal. Falls Sie es vorher schon selbst herausfinden wollen, so sollten Sie einfach “Die weiße Göttin” von Ranke-Graves lesen, dann fügt sich auch manches andere.

Ich wünsche Ihnen was und vor allem,
dass Sie glücklich bleiben, Ihr PHG

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Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker