Literatur,  Musik

Anders vorgestellt … am Callas-Tag

Samstag, den 2. Dezember 2023, bei Puccinis „Tosca“ mit Maria Callas (heute an ihrem 100. Geburtstag), Giuseppe di Stefano etc., unter Victor de Sabata und dem Orchestra & Chorus der Mailänder Scala, in einer Aufnahme von 1953

ah, finalmente, fast schon das Jahresende. Obwohl, anders vorgestellt habe ich mir 2023 und, darüber hinaus, mein Leben im Alter durchaus. Zwar bin ich aus der naiven Phase, in der ich mir vorstellte, da werde ein kleines Haus am Meer, in dem ich auf der Veranda sitze und Augustinus lese, sein, dazu lange Gespräch mit meiner Liebsten, so wie wir es gern haben, hinein in die Dämmerung der Tage, hin und wieder ein Buch rettend, aus dieser Phase bin ich also längst heraus. Aber dass ich jetzt im Winter meines Missvergnügens hocke und nachdenken muss, ob da noch etwas zu erledigen wäre, bevor …

Ach, es ist kalt geworden, auch unser Garten bekommt sein Wintergesicht. Vor einigen Tagen schrieb mir eine alte Freundin, sie lese mich noch immer, womit sie freilich in der Hauptsache nicht meine Bücher meinte, die sie durchaus wohl alle gelesen hat, sondern meinen BLOG hier im Logbuch. Und das wiederum sollte, da ich seit einer halben Ewigkeit gar nichts mehr geschrieben hatte, schlicht heißen: raffe Dich auf und schreibe endlich mal wieder was.
Die Anrufung der Musen hatte also Wirkung gezeigt, und da ich mich erinnerte, dass die Musen einen nicht nur beschenken, sondern den Dichter auch bestrafen, wenn er saumselig ist und nicht liefert, so habe ich vor Jahresschluss noch einige Zeilen erdacht.

Leicht (oder zumindest leichter) gemacht wurde mir das, weil heute der 100. Geburtstag meiner Lieblingssängerin Maria Callas ist. Es gibt noch andere Lieblingssängerinnen, deren Stimmen mich durch mein Leben begleiten, aber auch unter Göttinnen gibt es ja eine Stufenfolge; die Abfolge der Engel ist hierarchisch.
Gegen Mittag hatte mir schon ANH aus Berlin seine Besprechung des neuen Callas Films geschickt, einen großartigen Text, den ich hier gern weiterverlinke, mit dem gar dringenden Rat zur eigenen Lektüre.

https://www.jungewelt.de/artikel/464425.film-vernichtung-einer-mythe.html

Ich hatte ihm zu dem Artikel geschrieben: Bedankt für diesen wunderbar klarsichtigen Artikel. Auch hier der Riss zwischen Person und Werk – was für die Callas um so schwerer wog, da es wohl z w e i Personen gab und die eine sich der Tragik der anderen bewusst war. Für mich, als lebenslangem Callas-Verehrer, ist da auch nie einfach “Belcanto” gewesen, dann hätte die Tebaldi an erster Stelle gestanden, denn bei Maria Callas war immer so viel S c h m e r z in der Stimme, mit jedem Ton. Für diesen Schmerz habe ich sie geliebt. 

Da stand mir eine Belehrung zum Thema S c h m e r z noch bevor, denn am Nachmittag las ich auf Facebook, wo das Thema Callas ebenfalls angekommen war, von einer mir unbekannten Frau den Kommentar: „Ach, die Callas, von der kann ich nicht viel hören. Das halt ich nicht aus. Die hat soviel Schmerz in der Stimme, das stammt wohl aus einer gräßlichen Kindheit. Der hätte ich frühzeitig mal eine Therapie verordnet.“

Ja, dachte ich, so seid ihr halt. Natürlich mögt ihr keinen Schmerz, wollt ihn am besten loswerden, wegtherapieren, wenn es euch dummerweise schon passiert, dass ihr ihn bemerkt. Und der zweite Punkt, den ihr nicht begreift, der ist, dass da nicht einfach nur Schmerz existiert. Da ist vielmehr ein Mensch, der aus dem Schmerz KUNST macht. Und weil ihr das nicht begreift, gar nicht seht, werdet ihr auch niemals begreifen, was Kunst eigentlich ist. Für euch ist es etwas, dass man wegtherapieren muss. Genug Künstler sind dann ja auch im Irrenhaus und anderswo gelandet.

Eine Kleinigkeit noch für das nächste Jahr: Bevor sich jemand fälschlicherweise für den 27. Februar 2024 zwischen 19.30 und 21.00 Uhr etwas minder wichtiges vornimmt, hier schon eine frühe Ankündigung. ZUR ANMELDUNG: https://tma-bensberg.de/coach_seminars/akademieplus-regen/

Für heute soll es das mal sein, sonst bleibt weder Zeit noch Platz, dass ich Ihnen wie gewohnt wünsche, dass Sie glücklich bleiben, sagt PHG

Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker

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