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Innere Erfahrung

Freitag, 9. Februar 2024, bei den „Symphoniae Sacrae“ des Heinrich Schütz, mit La Chapelle Rhénane unter Benoit Haller

Ich übernehme den Titel meines heutigen Beitrags letztlich von Georges Bataille (1897 – 1962), obwohl ich natürlich über eine eigene innere Erfahrung sprechen möchte. Batailles Buch erschien bereits 1954 und wurde, trotz der Tatsache, dass Kenner es für sein wichtigstes Buch halten, erst 2017 ins Deutsche übersetzt; seither arbeite ich mich in Abständen immer mal wieder daran ab, man könnte auch sagen, ich werde wieder und wieder darauf zurückgeworfen.

Gut, ich könnte jetzt zehn Stunden über Bataille schreiben, doch darum geht es nicht. Also neuer Anfang: Heute hatte ich in den Morgenstunden einen langen, verworrenen Traum, über den ich inhaltlich nur sagen kann, dass er wohl aus den „Erzählungen der Chassidim“ von Martin Buber gespeist war, mit denen ich mich in den letzten zwei Wochen immer mal wieder zwischendurch befasst hatte. Die Geschichten eignen sich für solch eine unstete Lektüre, da sie meist nicht sehr lang sind, mitunter kaum eine halbe Seite. Und während nun dieser eher etwas konfuse Traum ablief, von dem ich auch ansonsten gar nichts behalten habe, sprach plötzlich eine Stimme zu mir. Laut und völlig klar sprach sie die Worte:

Heilung von Körper und Geist.

Zugleich erschienen diese Worte als Text vor meinen Augen, und ich begann sie zu wiederholen, als müsse ich sie mir einprägen oder als sei es ein heiliges Mantra, das ich meditieren müsse. Tatsächlich habe ich die Worte seither mehr oder weniger permanent wiederholt. Ich kann gar nicht anders.

Ich scheine „Heilung von Körper und Geist“ während des Traums als ein bereits stattgefundenes Ereignis aufgefasst zu haben, denn ich erinnere mich, dass ich dachte, was werden die Ärzte sagen, wenn sie mich während der Operation aufschneiden und gar keinen Krebs mehr finden? Dann erwachte ich, es war noch dunkel im Zimmer, die Handy-Uhr zeigte 10 Minuten nach 5 Uhr.

Nun, was war das? Sprach da mein Unterbewusstsein mit mir? Zumindest so laut, klar und deutlich hatte es das noch nie getan. Der Bataillesche Terminus der „Inneren Erfahrung“ erscheint mir fast zu sachlich, um das Geschehen zu beschreiben. Allerdings schreibt er auch sofort zu Anfang seine Buches: „Ich verstehe unter innerer Erfahrung das, was man gewöhnlich mystische Erfahrung nennt …“ — und was ist eine mystische Erfahrung letzten Endes? Es ist die Erfahrung Gottes. Was immer das auch sein mag oder wir damit meinen. Zwar war Bataille in Kindheit und Jugend strenger Katholik, während ich mich schon lange für einen Ungläubigen halte, doch schreibt auch er, dass er von einer gewissermaßen „entblößten Erfahrung“ spricht, „die selbst ihrer Herkunft nach von Bindungen an einen beliebigen Glauben frei ist.“

Was war es also? Und bin ich geheilt? Oder werde ich es sein? Ich weiß es nicht. Ein Gläubiger bin ich nicht geworden, obwohl das Ereignis mich schwer beeindruckt hat. Ich musste auch an C. G. Jungs „Das Rote Buch“ denken, das ich in der vergangenen Woche geschenkt bekam.

Das Rote Buch dokumentiert C. G. Jungs Auseinandersetzung mit dem Unbewussten und enthält als eine Art Tagebuch seine Träume, Visionen und Phantasien. Zumindest wird man annehmen können, dass meine Umgang mit Martin Buber, Georges Bataille und C. G. Jung – vor dem Hintergrund meiner Erkrankung, die seit Juli des vergangenen Jahres meine Aufmerksamkeit in nicht geringem Maße fesselt, mein Unterbewusstsein in unvermutete Bewegung gebracht hat.

Schaun wir also mal, bleiben Sie glücklich, und eine
Heilung von Körper und Geist wünsche ich
natürlich auch Ihnen, Ihr PHG

Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker

2 Kommentare

  • Cyrill Onken

    Körper, Geist, Seele. In der einen Geschichte mit dem frisch tapezierten Zimmer fehlt ein Stück. Die Seele sprach mit sehr leiser Stimme. Auf Nachfrage, wer sie sei, kam: Du hörst mir sonst nicht zu. Da die Seele dem zeitlosen Bereich zugehört, kann sie wissen, wie die Situation ausgeht und dieses Wissen Körper und Geist im Traum mitteilen, da Du den Träumen Beachtung schenkst.

    • admin

      Ja, Du wirst Recht haben. Wer immer es war, auf jeden Fall hat mir da jemand etwas sagen wollen. Und zum Glück habe ich es gehört und verstanden. Hab einen schönen Tag!

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