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Abmeldung usque in finem?

Montag, 15. Mai 2023, bei Donizettis “Lucia di Lammermoor” mit Maria Callas und Giuseppe di Stefano etc.

Sonnenschein vor dem Fenster des Arbeitszimmers, der Wind wendet eifrig die Blätter unserer Bäume um (Ulme, Kirsche und Haselnuss) und der Gärtner mäht den Rasen. Seit einigen Tagen ist Ruhe eingekehrt bzw. beginnt sie einzukehren, und ich hätte gern, dass sich dieser Zustand ausdehnt und anhält, möglichst bis zu meinem Ende, was nicht heißt, dass ich mir dies baldigst herbeiwünsche – im Gegenteil. Aber ich will aus dem Trubel ganz heraus und meinen Rest, so weit wie in dieser Welt realisierbar, als Einsiedler verbringen, beschäftigt nur mit dem letzten Werk und meinen wenigen sonstigen Interessen, als da sind die Musik, etwas Hegel und Wittgenstein, sowie einigen meiner literarischen Lieblingen.

An der Beseitigung der Störquellen habe ich gearbeitet: Will sagen die Abmeldungen von den digitalen Plattformen, die man unsinnigerweise für seine Eigenwerbung meint brauchen zu müssen, dazu von Verlagsrundbriefen, Mailinglisten etc., deren Mitteilungsfluten die pure Belästigung sind, habe ich durchgeführt. Zudem habe ich meine zwei letzten großen Arbeiten abgeschlossen und dem Verlag überlassen. Der biografische Roman “Ein paar Dinge, die ich über mich, meine Eltern und Auschwitz weiß” wird, wenn alles wie vorgesehen abläuft, zur Herbstmesse erscheinen. Der Band “Die köstliche Sekunde”, der meine gesammelten Gedichten aus vierzig Jahren enthält, den ich im Manuskript inzwischen ebenfalls abgeschlossen habe, könnte im kommenden Frühjahr 2024 auf den Markt kommen. Dies erst dann, weil es einerseits nichts bringt, im Herbst zwei Bücher zugleich zu publizieren. Andererseits schafft es die erforderliche Zeit, die es braucht, das Buch mit Illustrationen zu versehen.

So habe ich jetzt einen weitgehend reinen Tisch vor mir, auf dem nur meine aktuellen Langzeitprojekte liegen. Das sind zum einen “Der Mann mit dem Hund”, bisher etwa 70 Seiten, dann “Der Junge hinter der Tür”, etwas über 60 Seiten, und die Recherchensammlung zum Jesus-Stoff, die weitergeführt werden soll.

Vielleicht noch einen Essay über Hans Henny Jahnn, dessen “Fluss ohne Ufer” ich gerade einer Relektüre unterziehe, bisher bin ich auf Seite 900, die Erstlektüre fand in den Jahren 83/84 während meines Arbeitsaufenthaltes in der Villa Nova in der Toskana statt. Aber das ist noch nicht sicher, mein Kopf spielt nur mit dem Gedanken eines Essays (oder eines Romans über Jahnns Leben?). Wohl auch angeregt durch die russische Übersetzerin Tanja Baskakova, die mir, nachdem sie meine Erzählungen “Das ferne Land” und “Lebensweisen mancher Leute” übersetzt hatte, erzählte, dass sie so ziemlich den ganz Jahnn ins Russische gebracht hat, was ich für eine kaum zu übertreffende Leistung halte.

Sollte mir all dies gelingen, bei möglichst viel Leere im Mailpostfach und schweigenden Telefonen, dann will ich das meine Form von Glück nennen.

Bleiben auch Sie glücklich
wünscht Ihr PHG

PS: Ach ja, am Sonntag, dem 11. Juni, lese ich online ab 18:00 Uhr auf dem Ochsenfurter Lesefest aus meinem Roman “Nichts weißt du, mein Bruder, von der Nacht” . Also doch wieder eine Verpflichtung.

PPS: Eben sehe ich, dass der Gärtner den Walnussbaum im Garten eingepflanzt hat, den wir seit über zwei Jahren im Topf aufgezogen haben. Das ist eine große Freude. (Haus bauen, Kind zeugen, jetzt ist also auch der Baum gepflanzt.)

Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker

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